Abrechnungsbetrug bei der gesetzlichen Krankenversicherung
Offenbar manipulieren gesetzliche Krankenkassen bei den Leistungsabrechnungen in großem Stil. So sollen Prämien an Arztpraxen gezahlt werden, die ihre Patienten kränker machen, als diese tatsächlich sind. Diese Aussage traf Jens Baas, Chef der Techniker Krankenkasse (TK), kürzlich in einem Interview der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Risikostrukturausgleich als Motiv
Laut Jens Baas gibt es einen regelrechten Wettbewerb, den Risikostrukturausgleich zum eigenen Nutzen zu verbessern. Der Grundgedanke des Ausgleichs besteht allerdings darin, eine Balance unter den einzelnen Krankenkassen bei teuren Gesundheitsrisiken zu schaffen.
Ärzte zu Schummelei angestiftet
„Die Kassen bezahlen zum Beispiel Prämien von € 10 je Fall für Ärzte, wenn sie den Patienten auf dem Papier kränker machen“, führt der TK-Chef weiter aus. Im Fachjargon nennt man diese Praxis „Optimierung der Codierung.“ Dazu suchen Krankenkassen sowohl den telefonischen, als auch den persönlichen Kontakt zu den Arztpraxen. Zusätzlich spielen Verträge mit Ärztevereinigungen eine große Rolle mit dem Ziel, mehr und schwerwiegendere Diagnosen zu generieren. „Aus einem leichten Bluthochdruck wird ein schwerer. Aus einer depressiven Stimmung eine echte Depression, das bringt € 1.000 mehr im Jahr pro Fall“, sagt Baas. Kassen lassen sich dazu von externen Fachleuten beraten, um den Risikostrukturausgleich bestmöglich nutzen zu können. Die Honorare dafür belaufen sich seit 2014 auf € 1 Milliarde.
Praxis bei allen Krankenkassen üblich
Auf die Frage der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, welche Kassen eine derartige Manipulation vornehmen, antwortet der TK-Chef: „Alle, auch wir können uns dem nicht entziehen.“ Wegbereiter sind vor allem die großen Kasse. „Sie bekommen in diesem Jahr voraussichtlich eine € Million mehr, als sie tatsächlich für die Versorgung ihrer Versicherten benötigen“, erklärt Jens Baas.
Häufig Manipulation bei Volkskrankheiten
Besonders gerne und häufig wird bei Volkskrankheiten geschummelt. So hat sich beispielsweise bei der TK in den letzten vier Jahren die Anzahl der Fälle mit Depressionen vervierfacht. Der Chef der Techniker Krankenkasse äußert sich dazu: „Und das sicher nicht nur, weil die Leute kränker werden und das Problem weniger stigmatisiert wird.“ Er beziffert auch den Wert am Krankenkassenbeitrag, ohne Manipulation kann dieser bei der TK um 0,3 Prozentpunkte niedriger liegen.
Neuer Finanzausgleich als Lösung?
Jens Baas gibt Schiebungen im eigenen Haus zu, fordert aber gleichzeitig eine andere Art des Finanzausgleichs unter den Kassen. Er hofft dabei, das System manipulationsresistenter zu gestalten. Mir stellt sich die Frage: Warum tritt der Vorstand einer Krankenkasse als Nestbeschmutzer auf und klagt den eigenen Konzern mit an? Interessant zu wissen, Ersatzkassen sind die aktuellen Verlierer bei Falschangaben, denn sie erhalten € 700 Millionen weniger in diesem Jahr, als sie ausgeben.
Probleme bei Antragstellung
Derartige Manipulationen können Probleme bei allen Vertragsarten aufwerfen, bei welchen der Kunde nach seinem Gesundheitszustand befragt wird, etwa bei Risikolebens-, Kranken-, Pflege- oder Berufsunfähigkeitsversicherung. So werden Fragen nach gesundheitlichen Problemen und Behandlungen wahrheitsgemäß beantwortet, während in der Arztakte falsche Diagnosen stehen. Im Leistungsfall wendet sich der Versicherer an den behandelnden Mediziner und im worstcase geht der Kunde wegen Falschdiagnosen leer aus. Meine Empfehlung: Verlangen Sie im eigenen Interesse vor Vertragsabschluss Einsicht in ihre Krankenakte.
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