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Anzeigepflichtverletzung bei der Berufsunfähigkeitsversicherung

Beim Vertragsschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung ist der Antragsteller verpflichtet die vom Versicherer gestellten Gesundheitsfragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Tut er dies  zumindest grob fahrlässig nicht, kann gemäß § 19 Absatz 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) von Seiten der Gesellschaft ein Recht zum Vertragsrücktritt bestehen.

Dieser Anspruch besteht jedoch nur dann, wenn der Vertrag bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände keinesfalls zustande gekommen wäre. Der Versicherte darf also nicht nur mindestens grob fahrlässig eine Anzeigepflichtverletzung begangen haben, diese muss zudem für den Vertragsschluss kausal geworden sein.

Rücktrittsrecht bis zu 10 Jahren

Wenn die Umstände trotzdem zu einem Vertragsabschluss geführt haben, kommt es zu einer Vertragsanpassung. Betrifft die Anzeigepflichtverletzung allerdings Tatsachen, die einen Vertrag nicht hätten zustande kommen lassen oder die mindestens grob fahrlässig verschwiegen wurden, besteht ein sofortiges Rücktrittsrecht durch die Versicherungsgesellschaft - dieses erlischt gemäß § 21 Absatz 3 VVG fünf Jahre nach Vertragsschluss. Wurde die Anzeigepflicht allerdings vorsätzlich verletzt, erlischt das Recht erst nach zehn Jahren.

Gesundheitsfragen

Wie bereits eingangs erwähnt, stellt der Versicherer vor Vertragsabschluss im Versicherungsantrag eine Vielzahl an Gesundheitsfragen zur individuellen Risikoeinschätzung. Die Anzeigepflicht erstreckt sich grundsätzlich auf alle aufgeführten Fragen im Gesundheitsfragebogen. Werden diese falsch oder unvollständig beantwortet, so kann die Anzeigepflicht verletzt werden.

Spontane Anzeigeobliegenheit

In einigen Ausnahmefällen  darf der Versicherungsnehmer jedoch eine sog. spontane Anzeigeobliegenheit über Informationen treffen, nach denen der Versicherer nicht ausdrücklich gefragt hat. Dies gilt aber nur bei Informationen, die für jeden erkennbar das Aufklärungsinteresse des Versicherers in elementarer Weise betreffen und es deshalb für den Versicherten auf der Hand liegt, dass es sich um eine bedeutende Information handelt (BGH, Urteil v. 19.05.2011 - Az. IV ZR 154/10).

Grobe Fahrlässigkeit, Vorsatz oder falsche Angaben

Damit ein Rücktrittsrecht begründet werden kann, muss der Versicherungsnehmer die anzeigepflichtigen Umstände entweder vorsätzlich, grob fahrlässig verschwiegen oder falsch angegeben haben. Dabei handelt vorsätzlich, wer um den rechtswidrigen Erfolg weiß und diesen auch will; grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders hohem Maße verletzt (BGH, Urteil v. 10.05.2011 - Az. VI ZR 196/10).

Keine grobe Fahrlässigkeit bei unpräzisen Fragen

Ausschlaggebend ist dabei, dass sich der Verschuldensvorwurf nicht auf die Kenntnis oder Unkenntnis der Krankheit bezieht, sondern auf das Verschweigen der Antwort der jeweils konkret gestellten Frage. Enthält der Gesundheitsfragebogen unpräzise oder mehrdeutige Fragen, die der Versicherungsnehmer anders als der Versicherer versteht, scheidet eine grobe Fahrlässigkeit hingegen in der Regel aus (OLG Dresden v. 06.12.2022 - 4 U 1215/22).

Beweislast für beide Parteien

Grundlegend gilt hinsichtlich der Beweislast: jede Partei hat die für sie günstigen Umstände darzulegen und zu beweisen. Demnach muss die versicherte Person belegen, dass die gesetzlich vermutete grobe Fahrlässigkeit nicht vorliegt und ist entsprechend verpflichtet alle den Rücktritt hindernden Umstände nachzuweisen (OLG Karlsruhe, Urteil v. 29.11.2016 - Az. 12 U 94/16). Die Gesellschaft hingegen hat den Nachweis einer Anzeigepflichtverletzung zu erbringen, dazu gehört auch der Beweis darüber, dass der Versicherungsnehmer überhaupt Kenntnis vom gefahrerheblichen Umstand hatte.

Zudem kann der Versicherte die Leistungsfreiheit der Versicherung durch den Kausalitätsgegenbeweis gemäß § 21 Absatz 2 S. 1 VVG verhindern. Zu diesem Zweck muss er darlegen und auch beweisen, dass der maßgebliche Umstand weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles, noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht kausal geworden ist.

Fragen eines Rücktritts vom Vertragsabschluss

Ist die Versicherungsgesellschaft wirksam vom Versicherungsvertrag zurückgetreten, so wandelt sich das Vertragsverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis um. Beide Parteien haben nun grundsätzlich die empfangenen Leistungen zurück zu gewähren und das ursprrüngliche Vertragsverhältnis besteht nicht weiter fort.

Da der Versicherer für die bisherige Vertragslaufzeit das Leistungsrisiko getragen hat und eine Rückgewähr dessen nicht möglich ist, kann der Versicherte nach § 21 Absatz 2 VVG nur die Versicherungsprämien zurückverlangen, die nach Wirksamwerden der Rücktrittserklärung geleistet wurden. Ein Anspruch auf Rückzahlung der bis dahin geflossenen Beiträge besteht also nicht.

 

 

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