Stirbt der Supersparer aus?
Da es keine Zinsen mehr auf herkömmliche Geldanlagen gibt, sinkt vor allem bei jungen Leuten in Deutschland die Sparneigung. Im Gegenzug werden viele Anschaffungen über private Kredite finanziert und die allgemeine Zahlungsmoral lässt nach.
Vorbild Griechenland
„Wer noch jung ist, sollte sich kräftig verschulden – machen Sie es wie der Staat!“, rät Wolfgang Gerke, emeritierter Finanzprofessor und Präsident des Bayerischen Finanz Zentrums. Vielen kommt bei dieser Aussage sicherlich Griechenland in den Sinn, aber darauf hat sich die Darstellung von Professor Gerke allerdings kaum bezogen. Sparen (fast) ohne Zinsen in seiner klassischen Form ist aktuell nicht mehr angesagt – so passt das Wirtschaften und sich Einschränken müssen zugunsten einer hohen Sparquote nicht mehr in die heutige Zeit. Für 62 Prozent der Deutschen ist „Schulden machen“ inzwischen ein ganz normaler Vorgang. Aus einer Studie von TNS Emnid im Auftrag des Inkassounternehmens Kruk geht hervor, dass mehr als ein Drittel aller Bundesbürger der Auffassung sind: „Es ist unmöglich normal zu leben, ohne Schulden zu machen“.
Verschulden wie das Vorbild Staat
Des weiteren rät Professor Gerke: „Zu niedrigen Konditionen Geld aufnehmen, sich sein eigenes Häuschen bauen oder in das eigene Unternehmen investieren und den Kredit später mit schlechterem Geld wieder zurückzahlen, so wie der Staat es machen wird. Wenn die Zinsen wieder anziehen, wird die Inflationsrate mit anziehen, sie müssen also weniger zurückzahlen“. Schulden machen und Werte schaffen, das ist die Devise des Finanzprofis. Aber damit sind weder der finanzierte Urlaub auf Malle, die teuren Klamotten auf Pump oder die überzogene Handyrechnung gemeint.
Gesunkene Zahlungsmoral
Für vier von zehn Befragen ist es laut der Emnid-Umfrage normal, Rechnungen oder Kreditraten nicht rechtzeitig zu begleichen. Trotzdem fühlen sich viele Deutsche, wenn sie sich verschulden, unwohl und beschreiben ihre Gefühle dabei mit Stress und Anspannung. 43 Prozent empfinden Scham – dieser Anteil ist gesunken – denn „Die Mehrheit der Gesellschaft weiß, dass Überschuldung jeden treffen kann“, so Piotr Krupa, Vorstandsvorsitzender von Kruk.
Tilgen beruhigt das Gewissen
Aufgrund von Angst und Vorurteilen verstecken sich viele Schuldner und verschlimmern das Problem damit zusätzlich. „Unsere Erfahrung zeigt, dass die allermeisten Menschen ihre Schulden auch wirklich zurückzahlen wollen“, so Piotr Krupa. Auf die Frage der Meinungsforscher: „Was meinen Sie, welche Gefühle empfindet eine Person, die ihre Schulden zurückgezahlt hat“, gab über die Hälfte aller Befragten an „Erleichterung“, 20 Prozent sogar „Freiheit“.
Verlockung durch niedrige Zinsen
Viele private Haushalte folgen der Verlockung des „billigen“ nicht eigenen Geldes. Aufgrund dessen haben die auf Darlehensvergabe spezialisierten Kreditinstitute im letzten Jahr ihr Geschäft deutlich ausgebaut. Laut Jan Wagner, Vorstandsvorsitzender des Bankenfachverbandes, stieg die Gesamtdarlehenssumme in diesem Bereich um 8 Prozent auf € 43,7 Milliarden. Besonders ausgeprägt war der Zuwachs im Online-Kanal, der um 16,5 Prozent zugelegt hat.
Bedenkliche Entwicklung
Leider überschulden sich viele Haushalte aufgrund überzogener Konsumwünsche. Als Folge davon findet häufig keine vernünftige Altersvorsorge mehr statt. Da aber die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung immer mehr sinken, ist eine private Vorsorge unabdingbar. Auch die Absicherung gegen existenzielle Risiken wie Berufsunfähigkeit, Pflege und Tod tritt in den Hintergrund. Diese Punkte sind leider nicht so aufregend wie etwa ein teurer Urlaub, ein Luxusauto oder das neueste Smartphone. Eine Einstellung, die sich bei vielen in Zukunft rächen wird.
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