Garantien sind teuer und meist unnötig
Sicherheit hat für mehr als die Hälfte aller Bürger beim Sparen oberste Priorität. International wird der deutsche Anleger für seine Risikoaversion deshalb belächelt. Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) sorgt mittlerweile dafür, dass nach Abzug der Inflationsrate real ein Kapitalverlust entsteht. Verstärkt wird diese negative Entwicklung, wenn man bedenkt, dass mittlerweile zunehmend Banken Strafzinsen für Einlagen fordern.
Anlageverhalten unverändert
Obwohl die momentane Lage an den Kapitalmärkten bekannt ist, setzen 45 Prozent der Bürger hierzulande auf das Sparbuch und jeweils ein Drittel auf Lebensversicherungen und Bausparverträge. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Studie zum Anlageverhalten der Deutschen, beauftragt durch das Gothaer Asset Management. Anders als beim klassischen Sparbuch sind für den Laien bei einer Lebens- und Rentenversicherung, die Kosten der Sicherheit bei der Geldanlage nicht ersichtlich. Viele Kunden glauben deshalb, dass Kapitalgarantien für langfristige Ertragschancen stehen.
Der Schein trügt
Der Schein ist trügerisch und weit von der Realität entfernt, dies belegen aktuelle Recherchen. Beispielsweise berechnete die Frankfurt School of Finance & Management im Auftrag des Versicherers Standard Life Deutschland die Kosten, welche einem Anleger entstehen, wenn er beim Einsatz eines einmaligen Geldbetrages am Ende der Vertragslaufzeit mindestens seinen aufgewendeten Kapitalbetrag zurückerhalten will. Als Berechnungsgrundlage dient € 100.000 zur risikolosen Anlage über 15 Jahre. Zur Sicherstellung der Kapitalgarantie wird in festverzinsliche Wertpapiere, wie etwa deutsche Staatsanleihen, investiert. Der restliche Betrag fließt in entsprechend höher rentierliche, risikoreichere Assetklassen, wie beispielsweise Aktien.
Sinkende Zinsen sorgen für höhere Garantiekosten
Um Garantiekosten zu ermitteln, verglichen die Studienautoren diese Aufteilung des Anlagebetrages mit einer alternativen Mischung aus Aktien und Anleihen. Dabei sollte die jährliche Schwankung (Volatilität) 10 Prozent nicht übersteigen. Da insbesondere die Aktienmärkte nicht gleichmäßig verlaufen, musste die Risikoeinschätzung der Anlage im Laufe der Zeit geändert und die Aufteilung der Anlageklassen an die Entwicklung der jeweiligen Kapitalmärkte dementsprechend angepasst werden. Für die Berechnung wurde jeden Monat 100.000 verschiedene Garantiekosten simuliert und zwar über eine Zeitspanne vom September 2000 bis August 2016. Dabei fanden alle positiven und negativen Ausschläge der Aktienmärkte Berücksichtigung. „Die Antwort auf die Frage nach den Garantiekosten hängt von verschiedenen Parametern ab, vor allem vom Zinsniveau am Kapitalmarkt, der Anlagehöhe und -dauer durch den Investor“, so der Studienverfasser Professor Olaf Stotz.
Garantiekosten aktuell höher als Anlagebetrag
Die Garantiekomponente decken bei Altersvorsorgeprodukten festverzinsliche Wertpapiere ab. Sinken deren Renditen, wie in der aktuellen Marktphase geschehen ist, gestaltet es sich zunehmend schwieriger und damit auch teurer, Garantien darzustellen. Zur Jahrtausendwende erbrachten Anleihen der sicheren Euro-Staaten eine Verzinsung von gut fünf Prozent und die Garantiekosten gingen gen Null. „Die Wahl zwischen einer Anlage mit mittlerem Schwankungsrisiko und einer kapitalgarantierten Anlage hätte im Durchschnitt ein ähnlich hohes Vermögen nach 15 Jahren erwarten lassen“, erklären die Studienautoren. Allerdings änderte sich diese Situation grundlegend durch die in der Finanzkrise im Jahr 2008 verursachten Zinssenkungen der EZB und am Ende des beobachteten Zeitraums im August vergangenen Jahres, lag die Verzinsung dieser Papiere sogar im roten Bereich, bei knapp minus 0,5 Prozent. Die dramatische Folge dieser Änderung war, dass die Garantiekosten auf den 1,7-fachen Anlagebetrag angestiegen sind, d.h. auf € 170.000. Betrachtet man einen längeren Zeitraum, so werden die Ergebnisse noch frappierender. Nach 25 Jahren betragen sie das Vierfache und bei 35 Jahren gar das Achtfache des eingesetzten Betrages. Mathematisch einfach erklärt: Die Garantiekosten sind umso höher, je niedriger der Zins und je länger die Anlagedauer.
Garantien langfristig sinnlos
Professor Stotz suchte in seiner Publikation nach einer Antwort auf die Frage, ob Garantien bei langfristigen Sparanlagen überhaupt sinnvoll sind. Die Berechnungen ergaben für eine Dauer von 15 Jahren einen durchschnittlichen Verlust in Höhe von € 8.000 bis max. unter € 50.000 Dabei lag die Notwendigkeit das Gesamtkapital abzusichern bei nur 1,2 Prozent aller Fälle. Diese sank sogar auf 0,1 Prozent bei einer Anlagedauer von 25 Jahren, bei 35 Jahren war sie kaum noch messbar. Resultat: Je länger also in Aktien investiert wird, desto unwahrscheinlicher ist ein Verlust.
Garantiefall unwahrscheinlich
Stotz resümiert: „Unsere Studie hat erwiesen, dass die Kosten für eine Kapitalgarantie bei einer langfristigen Einmalanlage nicht nur hoch sind, sondern auch dass das tatsächliche Eintreffen eines Garantiefalls unwahrscheinlich und die Garantieleistung gering ist.“ In einer weiteren ähnlichen Studie aus dem Jahr 2015 kamen Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass bei langfristigen Aktiensparplänen in den allermeisten Fällen eine 100-prozentige Beitragsgarantie unnötig ist. Bei rückwirkender Betrachtung der weltweit führenden Aktienindizes ergab diese Untersuchung, dass lediglich in den 70er Jahren im japanischen Markt Garantien vonnöten gewesen wären, um eingezahlte Beiträge abzusichern. Aktuelle Untersuchungen im Rahmen einer Auftragsstudie des Instituts für Vorsorge- und Finanzplanung (IVFP) bestätigten diese Ergebnisse. Gegenstand der Untersuchung waren Vorsorgeprodukte, die zum Laufzeitende eine Beitragsgarantie bieten, für welche im Regelfall (wie beschrieben) der finanzielle Gegenwert der Garantie in sicher verzinsten Anlagen investiert wird. Die Höhe des Anteils hängt vom Zinssatz und der Restlaufzeit ab.
Gewaltiger Renditeverlust durch Garantien
Bei einem sicheren Zinssatz von vier Prozent und einer Gesamtlaufzeit von 37 Jahren reduziert sich die Ablaufleistung um etwa zehn Prozent im Vergleich zu einem Vertrag ohne Garantien. Verringert sich der Zins auf nur ein Prozent, so beträgt der Verlust bei Auszahlung bereits 50 Prozent. Dieser gewaltige Unterschied begründet sich darauf, je mehr Kapital bei sonst gleicher Voraussetzung in einer gefahrlosen Komponente zur Sicherung der Kapitalgarantien gebunden ist, desto niedriger ist die Verzinsung. „Der Preis einer Garantie in Form eines Kapitalerhalts ist durch die anhaltende Niedrigzinsphase deutlich gestiegen und steht besonders bei langen Laufzeiten in keinem Verhältnis zum Nutzen“, erläutert IVFP-Geschäftsführer Frank Nobis. Weiter betont er: „Wer in Zeiten niedriger Kapitalmarktzinsen ein vernünftiges Vermögen für das Alter aufbauen möchte, sollte zumindest auf Teile von Garantien verzichten.“ Außerdem ist zu bedenken, dass ein realer Verlust bereits dann entsteht, sobald die Inflationsrate einberechnet wird, da nur die einbezahlten Beiträge garantiert werden. Somit macht das Ergebnis deutlich, dass auf lange Sicht Kapitalgarantien in den meisten Fällen unnötig sind.
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