Gefährliche Zinsen

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Dez 28 2016

Gefährliche Zinsen

Über Jahrzehnte hinweg haben Anleger erfahren müssen, dass Guthabenzinsen nicht immer gleich hoch sind. Die langfristige Zinsentwicklung gleicht einer Berg- und Talfahrt; auf Perioden hoher Zinsen, wie Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre folgen Zinstäler, um dann erneut anzusteigen. Kurz vor der Jahrtausendwende kam es erneut zu einer Zinserhöhung. Der Zins für Euro-Anlagen, sprich Euribor – ist die Bezeichnung des Zinssatzes, den sich Banken untereinander in Rechnung stellen – lag im Jahr 2000 bei fünf Prozent. Mit dem Zusammenbruch der „New Economy“ und der damit verbundenen Konjunkturabschwächung fielen die Zinsen. In den Jahren 2003/2004 lag der 12-Monate-Euribor unter zwei Prozent. Anschließend kam es zum bislang letzten Zinsaufschwung, der 2007 endete. Durch die folgende „Suprimekrise“ und den damit verbundenen weltweiten Turbulenzen an den Kapitalmärkten, reagierten die Notenbanken mit einer niemals zuvor betriebenen Politik, nämlich der Zinssenkung. Auf diese Weise wurde der Zusammenbruch vieler Staatshaushalte und des Bankensystems verhindert, aber gleichzeitig sank das Zinsniveau auf einen nie dagewesenen Niedrigstand. 2012 fiel der 12-Monate-Euribor erstmals unter die Ein-Prozent-Marke und im Februar dieses Jahres in den negativen Bereich. Ein Ende dieser Entwicklung ist aktuell nicht absehbar. Somit sucht der frustrierte Sparer nach lukrativen Alternativen. Angebote mit höheren Zinsen bestehen durchaus, nur sind damit Risiken verbunden, die der Anleger – der nach einer sicheren Anlage sucht – im Regelfall nicht tragen möchte.

Zwei Beispiele anbei:

1) Zinsportale

Im Internet werben sog. Zinsportale mit höheren Zinsen auf Festgeldkonten als allgemein üblich. Es besteht kein Fremdwährungsrisiko, da die Konten auf Eurobasis lauten. Allerdings haben die Banken ihren Sitz außerhalb Deutschlands. Die Zinsportale bieten hier entweder die Vermittlung der Kontoeröffnung im Ausland an oder verwalten das Kapital des Kunden treuhänderisch. Bei der zweiten Variante überweist der Anleger sein Geld an den Zinsportalbetreiber in Deutschland und dieser transferiert es anschließend ins Ausland. Das Risiko einer Insolvenz durch das Vermittlungsunternehmen sollte dabei nicht außer Acht gelassen werden. Außerdem sind Geldströme ohne direkten Kontakt zu der Bank, bei welcher das Konto eröffnet sein soll, kaum nachvollziehbar. Daher sollten Anleger zu ihrer eigenen Sicherheit nur Zinsportale nutzen, die als reine Vermittler der Kontoeröffnung fungieren. Aktuell sind bei Festgeldern mit einer Laufzeit von 12 Monaten bis zu 1,5 Prozent möglich. Durch die EU-Einlagensicherung sind Spargelder, ähnlich wie hierzulande, bis zu € 100.000 abgesichert. Dabei handelt es sich um Banken beispielsweise aus Polen, Italien oder Bulgarien. Der Anleger muss sich allerdings darüber im Klaren sein, dass er sich diesen Zinsvorteil mit Risiken erkauft und es bei Konkurs eines ausländischen Kreditinstituts zumindest zu größeren zeitlichen Verzögerungen kommen kann bis eine Entschädigungszahlung fließt.

2) Graue Immobilien

Kreditnehmer freuen sich über niedrige Zinsen, da die finanzielle Belastung eines Darlehens wesentlich geringer ist, als in der Hochzinsphase. Dagegen bereitet die Zinssituation dem deutschen Sparer Kopfzerbrechen. Zweifellos besitzt hierzulande die Immobile einen guten Ruf als Geldanlage und es wird versucht dem Anleger verstärkt riskante Anlagen aus dem sog. „grauen Kapitalmarkt“ zu vermitteln. Angeboten werden Genussrechte, Nachrangdarlehen oder direkte Beteiligungen an Immobilien.

Vorsicht vor Mezzanine-Darlehen

Dafür wird im Internet unter der Bezeichnung Mezzanine-Darlehen mit einem Zinssatz von fünf bis sieben Prozent geworben. Professionelle Bilder von fertiggestellten Objekten vermitteln den Eindruck von Seriosität und Sicherheit. Als Mezzanine-Darlehen bezeichnet man eine Mischform zwischen Eigen- und Fremdkapital. Von Seiten der Banken erhalten Projektinitiatoren ohne haftendes Kapital nur in Ausnahmefällen eine 100-Prozent-Finanzierung und sie benötigen daher Guthaben, das wie Eigenkapital angesehen wird. Bei dieser Kreditform handelt es sich um ein sog. Nachrangdarlehen. Im Konkursfall wird der Geldgeber erst nach anderen Darlehensgebern, wie beispielsweise Kreditinstitute, bedient. In der Praxis bedeutet das, dass bei Schieflage eines Immobilienprojektes der Mezzanine-Darlehensgeber mit seinem Anspruch ganz hinten in der Verwertungskette steht und meist leer ausgeht. Die gebotenen Zinsen in Höhe von fünf bis sieben Prozent stehen damit kaum in Relation zum Verlustrisiko. So setzt diese Form der langfristigen unternehmerischen Immobilienbeteiligung ein hohen Maß an Vertrauen in den jeweiligen Initiatoren voraus. Bei noch höheren Renditeprognosen sollte man Vorsicht walten lassen, denn es gab in diesem Bereich in den vergangen Jahren viele Fälle von Anlagenbetrug. Die hier gebräuchliche Bezeichnung „geschlossener Fonds“ ist irreführend und hat mit einem Publikumsfonds, im Sinne des Investmentgesetzes mit seinen vielfältigen Kontrollinstanzen, nicht das geringste zu tun.

Schneeballsysteme führen zu Verlusten

Auch hinter wohlklingenden Namen verbirgt sich bisweilen ein sog. Schneeballsystem, wie das Beispiel „Euro Grundinvest“ zeigt. Hier wurde mit einer Rendite von acht Prozent für die Beteiligung an diversen geschlossenen Immobilienfonds geworben. Aber bereits seit 2014 fließen die geplanten Ausschüttungen kaum noch und im Juli diesen Jahres wurden die Anleger davon in Kenntnis gesetzt, dass vermutlich 90 Prozent des investierten Kapitals verloren sind. Davon betroffen sind Anlegergelder mit einer Gesamtsumme von rund € 70 Millionen zzgl. € 23 Millionen, die in sogenannten Genussrechten investiert wurden. Der „Euro Grundinvest“-Initiator, Malte Hartwieg, hat diese Immobilienbeteiligungen in ein Konstrukt von über 60 Gesellschaften einbezogen, die nahezu alle mittlerweile Konkurs angemeldet haben. Deshalb ermittelt seit 2014 die Staatsanwaltschaft München gegen Hartwieg. Ihm wird vorgeworfen mit dem Netzwerk verschiedener Beteiligungen und Firmen ein sog. Schneeballsystem betrieben zu haben. Bei diesem Prinzip erhalten Investoren ihre Rückerstattungen nicht aus erwirtschafteten Renditen, sondern aus den Einzahlungen neuer Anleger. Das Verfahren funktioniert nur so lange, wie ausreichend Neuinvestoren gefunden werden. Schlussendlich zahlt aber immer ein Großteil der Sparer drauf.

Vorsicht vor grauem Kapitalmarkt

Als „grauer Kapitalmarkt“ wird der Teil der Finanzmärkte bezeichnet, welcher keiner staatlichen Finanzaufsicht unterstellt ist. Produkte dieses unregulierten Marktes sind aber nicht von vorne herein illegal oder mit betrügerischer Absicht initiiert. Im Gegensatz dazu gehören die o.g. offenen Publikumsfonds zum sog. „weißen Kapitalmarkt“ und unterliegen einer engen Regulierung.

 

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