Beratung am Bankschalter
Ist Ihnen auch aufgefallen, dass Sie in den letzten Jahren von ihrer Hausbank vermehrt auf den Abschluss von Versicherungen oder Geldanlagen angesprochen wurden? Vielleicht hat sie ihr Bankberater auch nach dem Eingang eines größeren Geldbetrages auf ihrem Girokonto direkt bei Ihnen gemeldet.
Banken beraten nicht objektiv
Die Kreditinstitute setzen zunehmend auf die Erschließung dieser Geschäftsfelder. Im Regelfall werden die hauseigenen Produkte favorisiert. Durch die nicht vorhandene Auswahlmöglichkeit kann hier nicht von einer objektiven Beratung gesprochen werden. Es handelt sich lediglich um einen reinen Produktverkauf.
Banker hat Wissensvorsprung über Kunden
Leider hört man immer wieder von Auswüchsen, dass beispielsweise ein Darlehen nur dann gewährt bzw. eine Kontoüberziehung geduldet wird, wenn zukünftig alle Versicherungen bei diesem Kreditinstitut laufen. Der Vorteil des Bankers ist, dass er per Knopfdruck alle Kontostände einsieht und den Kunden am Schalter gezielt ansprechen kann. Auch werden im Bereich Sachversicherungen (Haftpflicht, Hausrat, Wohngebäude, Rechtsschutz, Unfall) generell Verträge mit mindestens dreijähriger Laufzeit verkauft. Für den Kunden ist eine einjährige Vertragsbindung wesentlich vorteilhafter, um auf Änderungen am Markt reagieren zu können.
Eine aufsehenerregende Studie hat die Universität Oldenburg 2011 im Auftrag der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zum Thema „Vertriebssteuerung in Banken“ erstellt. Dabei wurden die Vertriebsstrategien von 127 Groß- und Volksbanken untersucht.
Erschreckende Ergebnisse
Das Ergebnis ist erschreckend. Standardprodukte sollen möglichst reibungslos und in großen Mengen verkauft werden. Dazu setzen hohe Zielvorgaben und computergesteuerte Vertriebssysteme die Bankberater unter permanenten Verkaufsdruck. Die Kundenzufriedenheit ist lediglich eine Kennzahl von vielen.
Inzwischen steuern fast alle Banken die Arbeit der Berater über ein IT-gesteuertes Customer Relationship Management (CRM). Diese Technik ist die Basis für die Arbeit mit Zielvorgaben und -kontrolle. So gaben einige Banken den Beratern vor, dass jeder zweite Kundenkontakt zum Abschluss führen, oder eine Beratung max. 30 Minuten dauern soll. Auch die Zahl der Kundengespräche werde häufig vom Management bestimmt. Somit muss die Kundenzufriedenheit, die langfristig das Lebenselixier aller Verkäufer ist, hinter Verkaufsvorgaben zurückstehen.
Mehr als 90 % der untersuchten Banken definieren ihre Vertriebsarbeit über Zielvorgaben. Es sei jedoch irreführend, bei diesem Verfahren von „Zielvereinbarungen“ zu sprechen, monieren die Studienautoren. Mit der Wirklichkeit habe das nichts zu tun. Was in den Filialen ankomme, kann man unumwunden als Zieldiktat bezeichnen.
Bankberater unter ständigem Druck
Die Aktivitäten eines Beraters werden in festen zeitlichen Rhythmen kontrolliert – und das anhand bestimmter Indikatoren wie Kundenanrufe, Zahl der Gespräche und Verkäufe sowie Einhaltung von Terminen. Die Bankberater ächzen unter dem ständigen Verkaufsdruck und der Kontrolle durch Ihre Vorgesetzten. Sie haben kaum noch Spielraum bei ihrer Kundenbetreuung. Man darf dem einzelnen Berater nicht böse sein, denn welche Möglichkeiten hat er? In vielen Banken nehme die Kundenbetreuung Züge von Fließbandarbeit an, so das Fazit der Forscher.
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