33 Lebensversicherer erzielen im Jahr 2020 zu wenig Kapitalertrag
Bekanntermaßen sind die Lebensversicherungsgesellschaften einer der großen Verlierer der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und haben immer mehr Probleme die Garantiezusagen für ihre Kunden zu erwirtschaften. Seit der Überarbeitung der Mindestzuführungsverordnung (MinZV) sind lt. Paragraf 15 Angaben zur Beteiligung der Versicherten an den Erträgen für jedes Geschäftsjahr auszuweisen. In der hierfür per Bestimmung vorgeschriebenen Tabelle werden Kapitalerträge und Garantieverpflichtungen unter dem Punkt Rechnungszins gegenübergestellt.
Übersicht über Lebensversicherungen mit negativem Zinsergebnis
Zweitmarktanbieter und Ratingagenturen listen regelmäßig die Versicherer auf, die nicht genügend Kapitalerträge erzielten, um die Zinsgarantien an ihre Kunden zu bedienen. Kürzlich publizierten die Versicherungsberater von Zahl & Recht GmbH eine Übersicht der Lebensversicherungen mit negativem Zinsergebnis.
Steigende Zahl der betroffenen Lebensversicherungsgesellschaften
Im Jahr 2020 schafften es 33 von 81 Lebensversicherungsgesellschaften nicht mehr, genügend Rendite am Kapitalmarkt zu erzielen, um die Garantieversprechen gegenüber ihren Kunden zu erwirtschaften. Die aktuelle Zinsphase lässt die Zahl der betroffenen Versicherer weiter steigen. Zum Vergleich - im Jahr 2019 waren von dieser Misere lediglich 24 Versicherer betroffen.
Minusgeschäft klassische Lebens- und Rentenversicherungen
Bei den klassischen und früher so beliebten Lebens- und Rentenversicherungen, sichern die Gesellschaften ihren Kunden einen Garantiezins zu. Dieser lag bis Ende der neunziger Jahre bei vier Prozent, wurde seither sukzessive gesenkt und befindet sich aktuell bei 0,9 Prozent. Allerdings reduziert er sich im nächsten Jahr auf 0,25 Prozent. Die Garantien müssen von den Lebensversicherern größtenteils mit langlaufenden festverzinslichen Anleihen, wie etwa Bundesschatzbriefe, abgesichert werden. Derzeit liegen noch branchenweit 83,2 Prozent der Einnahmen in festverzinslichen Anlagen. Allerdings erzielen diese Papiere im jetzigen Zinsumfeld keine Rendite oder gar negative Zinsen. Die genannten Daten belegen eindrucksvoll, welche Probleme klassische Lebens- und Rentenversicherungen für die Gesellschaften darstellen.
Zinszusatzreserve wirkt als Brandbeschleuniger
Nicht nur die Abhängigkeit von zinslastigen Anlagen schädigt das Kapitalergebnis der Gesellschaften. Zusätzlich wirkt sich die gesetzlich vorgeschriebene Zinszusatzreserve (ZZR), die als Puffer für Altgarantien gefordert wird, als Brandbeschleuniger aus. Die Berechnung der ZZR ist an einen Referenzzins gebunden, dessen gesetzliche Grundlage auf Paragraph 5 der Deckungsrückstellungsverordnung (DeckRV) in Verbindung mit Paragraph 341f des Handelsgesetzbuchs (HGB) basiert. Dieser Zinssatz wird jeweils Ende des dritten Quartals von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ermittelt.
Definition Zinszusatzreserve
Bei der ZZR handelt es sich um einen Teil der Deckungsrückstellung für künftige Garantiezinsverpflichtungen. Die Einführung erfolgte im Jahr 2011 aufgrund schwindender Kapitalmarktzinsen und soll dem Versicherer ermöglichen, schrittweise Rückstellungen für die zugesagten Garantien zu bilden. Die Berechnung erfolgt über einen einzelvertraglichen Vergleich des jeweiligen Garantiezinses mit einem sogenannten Referenzzins. Dieser gilt dabei als das arithmetische Mittel der Umlaufrenditen von Anleihen der öffentlichen Hand über zehn Kalenderjahre. Allerdings besteht im Fall länger andauernder Niedrigzinsen durch einen nachfolgend weiter fallenden Referenzzins ein hoher Nachreservierungsbedarf, denn er schwächt das Geschäftsmodell der Lebensversicherung zusätzlich.
Ermittlung des Referenzzinssatzes
Der Referenzzins und damit auch die ZZR orientiert sich seit dem Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) von 2014 am Niveau von Null-Kupon-Euro-Zinsswapsätzen mit einer Laufzeit von zehn Jahren. Da diese durch die niedrigen Zinsen ebenfalls gedrückt werden, befindet sich der Referenzzins demzufolge gleichermaßen im Sinkflug. Er lag im Jahr 2014 noch bei 3,15 Prozent, 2018 bei 2,09 Prozent und im vergangenen Jahr gar nur bei 1,73 Prozent. Von der ZZR sind somit Versicherungsbestände mit einem Rechnungszins über 1,75 Prozent betroffen und daher ist eine Nachreservierung auf den Referenzzins notwendig. Ein Teufelskreis, denn immer weniger Zinseinnahmen müssen immer höhere Nachreservierungen erwirtschaften.
Zukunft der Kapitallebensversicherung
Aber wie sieht es nun für den Kunden aus, wenn die Lebensversicherungsgesellschaft bei der er einen Vertrag unterhält, ein negatives Zinsergebnis einfährt? Die betroffene Gesellschaft ist in dieser Situation gezwungen Geld aus anderen Töpfen nachzuschießen. D.h. unterm Strich schmälert sich die Überschussbeteiligung. Kein Versicherer kommt an dieser Entwicklung vorbei, daher werden Studien zukünftig noch mehr Gesellschaften mit negativem Ergebnis ausweisen.
Laufende Verträge prüfen
Aufgrund der politischen Rahmenbedingungen verharren die Zinsen im Euro-Raum länger auf niedrigem Niveau. Somit dürfte es den Gesellschaften immer schwerer fallen, freiwerdende Kapitalanlagen und neue Kundengelder gewinnbringend anzulegen. Deshalb muss jeder Kunde einer klassischen Kapitallebens- oder Rentenversicherung den Sinn einer derartigen Geldanlage hinterfragen. Am besten Sie prüfen den Verlauf der prognostizierenden Auszahlungssumme zum Vertragsablauf anhand der jährlichen Wertermittlung von heute, mit dem Stand bei Vertragsabschluss.
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