Überhöhte Dispozinsen
Eine Vielzahl von Banken verfällt in Geheimniskrämerei, wenn es um ihre Dispozinsen geht. Diese werden fällig, wenn das Girokonto innerhalb eines gewährten Rahmens überzogen wird. Die Stiftung Warentest hat bei knapp 1500 Kreditinstituten deren Höhe per E-Mail angefragt. Aber nur 420 Banken gaben bereitwillig Auskunft, bei weiteren 570 Instituten wurde die Anfrage ignoriert, jedoch war der Zinssatz auf der Homepage nachzulesen. In ca. 500 Fällen mussten Tester losgeschickt werden, um den jeweiligen Zinssatz in Erfahrung zu bringen – in drei Fällen sogar ohne Erfolg.
Dispozinssätze bis über 13 Prozent
Elf Kreditinstitute, alles kleinere Volks- und Raiffeisenbanken, lassen sich das Überziehen der Konten fürstlich bezahlen und verlangen mehr als 13 Prozent Zinsen. Für Verbraucherschützer ist dies einfach nur unverschämt. Die Refinanzierung der Banken erfolgt entweder durch die Spareinlagen ihrer Kunden – für die keine oder nur homöopathische Zinsen bezahlt werden – oder durch die Europäische Zentralbank (EZB) zu Zinssätzen weit unter einem Prozent.
Stiftung Warentest sieht positive Entwicklung
Positiv bewertet die Stiftung Warentest, dass sich die Zahl der Institute, die mehr als 13 Prozent Überziehungszinsen verlangen, im Vergleich zum Vorjahr um 24 vermindert hat. Des weiteren gibt es bei rund der Hälfte keine zusätzlichen Dispozinsen mehr, wenn der gewährte Kreditrahmen überzogen wurde. Spitzenreiter im positiven Sinn ist laut Auswertung der Verbraucherschützer, wie bereits im Vorjahr, die Deutsche Skatbank. Hier werden für das Online-Konto lediglich 4,49 Prozent Dispozinsen fällig.
Kritische Stellungnahme der Kreditinstitute
Der Dachverband Deutsche Kreditwirtschaft, in diesem sind die deutschen Banken, Sparkassen und genossenschaftlichen Institute zusammengeschlossen, kritisiert in einer Stellungnahme den Preisvergleich. Die Kernaussage lautet: „Der Dispokredit sei nur ein Bestandteil eines Girokontos und der Zins dürfe daher nicht losgelöst von den anderen Leistungen betrachtet werden.“ Mir fällt hierzu der alte Spruch ein: „Getroffene Hunde bellen“. Angaben des Dachverbandes zufolge liegt der Dispozins auf dem niedrigsten Stand seit mehr als einem Jahrzehnt, kein Wunder der aktuellen Niedrigzinspolitik EZB. Im Mai betrug der durchschnittliche Zinssatz laut Deutscher Bundesbank bei 8,83 Prozent.
Dispozinsen – ein gutes Geschäft für die Banken
Ein fairer Zinssatz liegt für die Stiftung Warentest bei deutlich unter zehn Prozent. Die Ausfallquote, d.h. der Anteil an Verbindlichkeiten, die nicht zurückgezahlt werden, liegt bei einem Prozent. Laut Deutscher Bundesbank betrug im Juli 2015 das Volumen dieser Überziehungskredite fast € 35 Milliarden. Somit bedeutet jeder Prozentpunkt für die Kreditinstitute eine Mehreinnahme von € 350 Millionen. Eine interessante Einnahmequelle, denn 17 Prozent der deutschen Bundesbürger sind regelmäßig im minus. Eine Untersuchung des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Ipsos kam zu dem Ergebnis, dass in einem Drittel aller Fälle die Höhe dieser Summe über € 500 beträgt.
Politisches Vorgehen gegen überhöhte Dispozinsen
Die Bundesregierung plant ein Gesetz, nach dem die Kreditinstitute zukünftig auf ihrer Internetseite den Zinssatz für überzogene Girokonten offen legen müssen. „Damit machen wir es den Banken schwerer, unangemessen hohe Dispozinsen zu verlangen“, argumentiert Heiko Maas, Bundesminister für Justiz und Verbraucherschutz. Außerdem sollen die Institute verpflichtet werden, all jene Kunden anzusprechen, die ihr Girokonto drei Monate lang mit mindestens der Hälfte ihres durchschnittlichen Einkommens überzogen oder mindestens sechs Monate lang ihren Disporahmen zu 75 Prozent ausgeschöpft haben. Verbraucherschützer sehen diese Entwicklung positiv, fordern aber eine Deckelung der Dispozinsen. Die Landesregierung von Hamburg sieht das genauso und bereitet gerade eine entsprechende Bundesratsinitiative vor.