Die gesetzliche Rentenversicherung im freien Fall
Wir schreiben das Jahr 1986: Können Sie sich noch an Norbert Blüms Aussage „unsere Rente ist sicher“, erinnern?.
Angst vor Altersarmut
Die Zahlen auf den jährlich zugestellten Kontoauszügen der gesetzlichen Rentenversicherung verbreiten unter den Bundesbürgern zunehmend Angst. Zumindest bei denjenigen, die sich damit beschäftigen. Viele werden sich fragen, ob sie mit den prognostizierten Geldbeträgen, die sie später einmal als Rente erhalten, auch über die Runden kommen können. Ist es etwa das Ziel, ein Leben lang zu schuften, jeden Monat brav seine Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten, um dann im Alter am Hungertuch zu nagen? Fakt ist, dass die Höhe der gesetzlichen Rente drastisch sinkt. Vor 25 Jahren lag das Nettorentenniveau vor Steuern bei 55 %, aktuell sind es 47 % und bis zum Jahr 2030 wird es auf 43 % absinken. Damit wird es schwierig, die Dinge zu tun, auf die man sich nach Ende des Erwerbslebens gefreut hat – beispielsweise reisen, Cabriolet, Kinder bzw. Enkel finanziell unterstützen.
Gesetzliche Rente reicht nicht mehr zur Wahrung des Lebensstandards
Fazit, die gesetzliche Rente reicht nicht, um den Lebensstandard aufrecht zu erhalten. „Ursächlich für diesen kontinuierlichen Rückgang sind vor allem die Veränderungen bei der Rentenanpassung“, schreibt hierzu das Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Heimlich, still und leise haben die regierenden Parteien kontinuierlich an den Stellschrauben gedreht um die späteren Ansprüche der Bundesbürger zu reduzieren. Dabei sind eine Verlängerung der Arbeitszeit bis zum 67. Lebensjahr, die Einführung neuer Rechenfaktoren oder eine Aberkennung der Studienzeiten von Akademikern nur die Spitze des Eisbergs. Die Uni-Duisburg-Essen kommt daher zum Schluss: „Im Ergebnis verliert die gesetzliche Rentenversicherung dadurch ihre Funktion einer Lebensstandardsicherung“.
Meinhard Miegel, ein renommierter Sozialwissenschaftler und Vorsitzender des Denkwerks Zukunft, hat im Detail nachgerechnet und kommt zu folgendem Resultat: Pflichtversicherte, die vor dem Jahr 1945 geboren wurden, erhalten ihre Rente mit einer Verzinsung von drei bis 4 Prozent. Für Bürger Jahrgang 1950 gibt es nur noch rund ein Prozent. Alle nach 1970 Geborenen zahlen bei durchschnittlicher Lebenserwartung mehr ein, als sie aus dem gesetzlichen Rententopf an Leistung erhalten.
Zahlungsunfähig in 1,69 Monaten
Die Finanzierung des gesamten Rentensystems steht in Frage – trotz aller Maßnahmen der Politik. Eine Tatsache, die den Bürgern meist nicht bekannt ist besteht darin, dass das Geld – außer einer kleine Rücklage – so wie es in die Kasse reinkommt auch wieder rausgeht. Fließen monatlich keine neue Beiträge in das umlagenfinanzierte Rentensystem nach, dann ist es in weniger als zwei Monaten pleite. Bedenklich ist dies vor allem unter dem Aspekt, dass die Renteneinnahmen wegen der guten konjunkturellen Lage nur so „sprudeln“. So erhöhten sich die Einzahlungen im Vergleich zum Vorjahr um vier Prozent, parallel dazu sollten auch die Rücklagen steigen. Soviel zur Theorie, denn der Reservetopf schmilzt kontinuierlich zusammen, allein im letzten viertel Jahr um € 2,3 Milliarden. Das aktuelle Guthaben reicht nur für eine Dauer von lediglich 1,69 Monate.
Implizierte Staatsschulden
Obwohl der Bürger in seinem Erwerbsleben zukünftige Rentenansprüche erworben hat, stehen nicht genügend liquide Mittel zur Verfügung. Hans-Werner Sinn, Präsident des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, spricht in diesem Zusammenhang von impliziten Staatsschulden. Erschütternd daran ist, dass diese Fehlbeträge wesentlich höher sind als die offiziell bekannten Schulden. Sie belaufen sich momentan auf 206 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Uns stellt sich die Frage: Wie soll das bei der demografischen Entwicklung je bezahlt werden? „Kein Land hat weniger Kinder als Deutschland“, mahnt Sinn. „Was mutet man den wenigen, die wir haben, eigentlich zu?“
Und der Verlierer ist?
Jeder Wähler sieht die von ihm bestimmten Volksvertreter in der Pflicht das gesetzliche Rentensystem zukunftssicher zu gestalten. Nur was passiert? Es werden großzügig Wahlgeschenke verteilt. Dem System kostet beispielsweise die Mütterrente oder die Frühverrentung mit 63 Jahren, mehr als € 200 Milliarden. Eine Rente mit 63 haben seit Mitte 2014 bereits mehr als 250.000 Menschen beantragt – weit mehr als von Andrea Nahles, Ministerin für Arbeit und Soziales – kalkuliert wurde. Schon merkwürdig, dass Berufstätige das Angebot annehmen vorzeitig ohne die sonstigen Abschläge auf die Höhe der Rente in Ruhestand zu gehen. Leider sind viele politische Entscheidungen realitätsfern, aber es wird hier niemand zur Rechenschaft gezogen. Wer sich allerdings in der freien Wirtschaft verrechnet, verliert seinen Job. Wie heißt es doch so schön: „Es lässt sich leicht arbeiten mit dem Geld anderer Leute.“
Aber stellen wir uns einmal vor: Was passiert, wenn die Konjunktur nicht mehr rund läuft und somit die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge sinken? Die unweigerliche Folge wird dann eine Kürzung der Rentenbezüge bei gleichzeitig steigenden Beiträgen sein. Auch eine weitere Verlängerung der Lebensarbeitszeit steht dann wieder im Raum. All diese Szenarien werden auf dem Rücken der heutigen und zukünftigen Generation an Arbeitnehmern ausgetragen. Wie viel ist das Versprechen von Norbert Blüm daher noch wert?
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